“Fortgerissen durch die Wasser stürze ich (ein) …
Aber wiederhergestellt stehe ich wieder am Fest des Rochus.“
Der Lateinlehrer Bernhard Scholz-Mönkemöller hat jüngst eine sehr interessante Inschrift der St. Rochus Kapelle entziffert und ins Deutsche übersetzt. Sie bezieht sich wohl auf eine Beschädigung der Kirche am Fest der Bekehrung des Apostels Paulus am 25. Januar 1682. Bezug genommen ist offensichtlich auf das Damaskuserlebnis des Paulus, der ja vom Blitz getroffen vom Pferd stürzt. Der Wiederaufbau der Kapelle scheint schnell in Angriff genommen worden zu sein, denn am Fest des Hl. Rochus, am 16. August 1682 steht die Kirche wieder.
Die Inschrift ist ein Chronodistichon. Sie „spricht“ im wahrsten Sinne des Wortes für sich, denn die Kirche erzählt sozusagen in der Ich-Form von ihrer Geschichte.
„Als Chronodistichon (zu griechisch χρόνος, „Zeit“, δίς „zweifach“ und στίχος „Reihe, Linie“, siehe: Distichon = „Zweizeiler“) wird ein kleines neulateinisches Gedicht besonders im Zeitalter der Renaissance oder des Barock bezeichnet, in dem durch eine besondere Schrift gekennzeichnete lateinische Zahlbuchstaben eine bestimmte Jahreszahl ergeben.“ (de.wikipedia.org/wiki /Chronodistichon).
Der Zweizeiler besteht aus einem Hexameter (Das „Sechs-Maß“ ist das klassische Versmaß griechischer/lateinischer Dichtung.) und einem Pentameter (Pentameter heißt übersetzt „mit fünf Maßen“. In der antiken Metrik (rythmische Bestimmung von Texten) ist es aber tatsächlich ein sechshebiges Versmaß. Der Name „Pentameter“ ist also dem Wortsinn nach irreführend. Der Pentameter erscheint praktisch ausschließlich als zweiter Vers eines gedichteten Zweizeilers, dessen erster Vers also ein Hexameter ist. Das Chrono- vor distichon zeigt an, dass Buchstaben hervorgehoben werden, die lateinischen Zahlen entsprechen und die man addieren muss, um auf die entsprechende Jahreszahl zu kommen.
Was ist nun auf als Inschrift zu lesen und welche Jahreszahl ist daraus zu folgern: „CHRONODISTICHON CONTINENS ANNUM DIEM RUINAE ET TERMINUM REPARATIONIS“
Das folgende „Chronodistichon beinhaltet Jahr und Tag des Einsturzes und den Termin der
Wiederherstellung“ dieser Kirche.
„RAPTA RVO PER AQVAS TE PAVLE RVENTE PER IGNES
SED RVRSVM FESTO STO REPARATA ROCHI“
Fett hervorgehoben sind hier die Zahlen, die zusammenzuzählen sind, um die Jahreszahl zu
erhalten. In der Inschrift sind sie in der Größe hervorgehoben.
“Fortgerissen durch die Wasser stürze ich (ein), während du, Paulus, durch die Feuer stürzt.
Aber wiederhergestellt stehe ich wieder am Fest des Rochus.“
IOANNES LVDEWICH P T PASTOR HUIUS PAROCHIAE
„Johannes Ludwig, mit vollem Titel, Pastor dieser Pfarre“
Errechnung der Jahreszahl:
V V V L V I D V V M C I
5+5+5+50+5+1+500+5+5+1000+100+1 = 1682
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