Abteikirche Brauweiler
Heilige Lanze, 9-11. Jh.
Zu den Reliqien zählt ein Teil der Heiligen Lanze des römischen Offiziers Gaius Cassius
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Ehrenfriedstraße 19,
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Pastoralbüro St. Nikolaus Brauweiler
Mathildenstr. 20a
50259 Pulheim-Brauweiler
Tel. 02234 - 82248
Freundeskreis Abtei Brauweiler e.V.
Telefon: 02234 - 9854240
E-Mail: abtei-brauweiler[æt]lvr.de
Außenansicht Abtei Brauweiler
Wer im Rhein-Erft-Kreis aufgewachsen ist, kennt die Abtei Brauweiler. Und wenn nicht, sollten er und sie schnell in den Ortsteil von Pulheim fahren, um diese Kultur- und Geschichtslücke zu schließen. Punkt. Denn dieses ehemalige Benediktinerkloster ist ein Juwel und aus vielerlei Gründen beeindruckend. Das merkt man auch Herbert Schartmann an, der mit Begeisterung und reichem Fachwissen über „seine“ Abtei Gruppen, auch Prominente und hochrangige Persönlichkeiten durch „seine Kirche“ führt. „Wer nach Brauweiler kommt, hat das Glück ein noch komplettes mittelalterliches Benediktinerkloster zu sehen“, sagt er und strahlt über das ganze Gesicht. Diese Begeisterung hält sich während der zwei Stunden meines Aufenthalts und überträgt sich schnell auch auf mich, der ich das letzte Mal vor vielleicht 35 Jahren mal hier gewesen bin.
Das Besondere an der Abtei und seiner Kirche ist, dass sie immer genutzt wurde“, erklärt Schartmann, „auch in der Zeit, Anfangs des 19. Jahrhunderts, als die Franzosen kamen und alle Klöster und Stifte auflösten.“ Die französische Verwaltung nutzte das Kloster zunächst als Bettlerdepot. 1815 wurde das Rheinland preußisch und die preußische Provinzialverwaltung errichtete in den ehemaligen Klostergebäuden eine Arbeits- und Erziehungsanstalt. „Eine Mischung aus Kaserne, Gefängnis und KZ“, sagt Herbert Schartmann, „aber die Gebäude blieben durch diese Nutzungen erhalten, weil dadurch, Dächer, Wände und Fenster immer wieder restauriert und in Stand gehalten wurden. Das war gut für die Abteigebäude und die Kirche“.
Eigentlich sollten Besucherinnen und Besucher, Pilgerinnen und Pilger ihre Besichtigung der früheren Abteikirche, die 1804 Pfarrkirche wurde draußen im Park der mächtigen Klosteranlage beginnen. Denn da steht er noch, der 1000-jährige Maulbeerbaum, der sowohl unter Natur- als auch unter Denkmalschutz steht. Hier soll der Überlieferung nach Mathilde, Tochter Kaiser Ottos II. und Kaiserin Theophanus und Frau des Pfalzgrafen Ehrenfried, genannt Ezzo, ein Mittagsschläfchen gehalten haben. Im Traum sei ihr dann ein Engel erschienen und habe sie beauftragt, an dieser Stelle ein Kloster zu bauen. Noch heute erzählt die Marmelade, aus schwarzen Maulbeeren zubereitet, von „Mathildes Traum“ und auch der Schnaps, den man aus den Früchten des Baumes destillieren kann von „Mathildes Geist“, erzählt Schartmann. Mathilde gelingt es ihren Ehegatten tatsächlich vom Bau eines Klosters zu überzeugen und damit beginnt die Geschichte der Abtei Brauweiler.
Eingangsportal St. Nikolaus
Foto: Martin Mölder
1024 erlaubte Papst Benedikt VIII. Ezzo und Mathilde ein Benediktinerkloster zu errichten und schenkte ihnen Reliquien des hl. Nikolaus, die mittlerweile gestohlen wurden. Der Reformabt Poppo, Abt von Stablo und Malmedy, wurde mit der Klostergründung beauftragt. 1028 weihte Erzbischof Pilgrim Kirche und Kloster zu Ehren der Heiligen Nikolaus und Medardus.
Die Abtei wurde schnell bekannt für ihre Gastfreundschaft: Arme und Reiche, Pilger und Könige kamen. Bernhard von Clairvaux besuchte 1147 anlässlich seiner Kreuzzugpredigtreise das Kloster. Kaiser Karl V. war hier 1520 mit seinem Gefolge auf der Reise nach seiner Königskrönung in Aachen in der Abtei zu Gast.
Nach der bereits beschriebenen Zeit der Aufhebung des Klosters durch die Franzosen und unterschiedlicher Nutzung auch durch die Preußen im 19. Jahrhundert, übernahm in der Zeit des Nationalsozialismus die Geheime Staatspolizei die Zellenbauten. Nach Ende des 2. Weltkrieges dienten die Gebäude der Unterbringung ehemaliger ausländischer Zwangsarbeiter. Aus der Landesarbeitsanstalt wurde eine Fachklinik für Psychiatrie, die 1978 geschlossen wurde. Nach Rückbauten und Restaurierungen hat der Landschaftsverband Rheinland für die Denkmalpflege neue Arbeitsstätten geschaffen. Heute stellt sich, auch durch das große Engagement vieler Gemeindemitglieder, des Erzbistums und des Vereins „Freundeskreis Abtei Brauweiler“ für Besucher und Pilger die ehemalige Abtei baulich wieder so dar, wie sie etwa aussah, als die Mönche das Kloster verließen.
Das Portal in der Vorhalle von St. Nikolaus, der darüber thront, soll mit seinen zwei Säulen und den blätterverzierten Kapitälen nebst dargestellten Cherubimen aus Norditalien inspiriert an das Paradies erinnern. „Ein ähnliches Portal finden Sie übrigens an der Basilika San Zeno in Verona“, erklärt Schartmann. Auch der heilige Medardus ist dort dargestellt, der zweite Pfarrpatron der früheren Abteikirche.
Durch das Portal erreichen wir über den Original-Fußboden aus Trachit vom Drachenfels gehend den Innenraum der beeindruckenden Pfarrkirche, ein wahres Kunstwerk der romanischen Architektur. Wertvolle Altäre (neben dem Hochaltar noch die von Maria, Antonius, Michael) sind dort zu sehen, ebenso wie kunstvolle Kapitelle, Andachtsfiguren, Hochgräber der Stifter und Äbte sowie das barocke Missionskreuz Gabriel de Grupello aus dem 17. Jahrhundert. Und wer den Kopf in den Nacken legt sieht, dass gotische Gewölbe mit aufwendigen Malereien, die seit 1514 die romanische Decke ersetzen.
Neben der vor ein paar Jahren gestohlenen Fingerreliquie des heiligen Nikolaus, beherbergt die frühere Abteikirche noch eine Kopf- und Armreliquie vom dritten Abt von Brauweiler, dem seligen Wolfhelm, eine der seligen Mathilde und ein Stück eines Nagels vom Kreuze Christi. Der Weg von Pilgerinnen und Pilgern aus Polen führt meist in die schlichte Krypta von St. Nikolaus und Medardus, denn hier befindet sich in der Westwand das allerdings ungenutzte Grab der polnischen Königin Richeza, die im Kölner Dom dann ihre letzte Ruhestätte fand.
Marienaltar
Foto: Martin Mölder
Abtei Brauweiler – Daten und Fakten
1024: Der lothringische Pfalzgraf Ehrenfried (Ezzo) und seine Gemahlin Mathilde gründen auf ihrem Hofgut Brauweiler eine Gründung ein Benediktinerkloster. Dazu gehörte zunächst als Kirche die Medarduskapelle.
1048: Der Grundstein für eine neue Abteikirche wird durch Richeza, älteste Tochter des Gründerpaares, gelegt und den heiligen Nikolaus und Medardus geweiht.
1135: Unter Abt Aemilius beginnt der dritte – heute noch bestehende – Bau von Kirche und Kloster. Die Arbeiten dauern bis nach 1200.
1547: Kaiser Karl V., der selbst mal Gast in der Abtei war, verleiht ihr das Recht zur Führung eines eigenen Wappens und Siegels; die Abtei erhält das Ehrenprädikat "Reichsabtei".
1804: Aufhebung der Abtei Brauweiler. Die Klosterkirche wird Pfarrkirche.
1809: Mit Dekret vom 16. November bestimmt Kaiser Napoleon die leer stehenden Abteigebäude als Bettleranstalt zu nutzen.
1815: Mit der Übernahme des Rheinlands durch Preußen wird die Bettleranstalt Brauweiler zur Arbeitsanstalt für die Rheinprovinz umgewandelt.
1933: Im Bewahrungshaus und Zellengebäude, die seit 1920 an die Kölner Justizverwaltung vermietet sind, wird für 12 Monate ein Konzentrationslager eingerichtet.
1941: Das Zellengebäude ist Gefängnis der Kölner Gestapo. Konrad Adenauer wird hier 1944 zwei Monate festgehalten.
1949: Einrichtung der "Rheinischen Landesarbeitsanstalt" durch den Provinzialverband.
1969: Umwandlung in ein "Landeskrankenhaus" als Fachklinik für Psychiatrie und Neurologie des Landschaftsverbandes.
1978: Schließung des Landeskrankenhauses. Übertragung der Gebäude an die Kulturabteilung des Landschaftsverbandes Rheinland. Beginn umfassender Renovierungsarbeiten.
1985: Nach der Restaurierung werden die Gebäude Dienstsitz von Kulturdienststellen des Landschaftsverbandes Rheinland: des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege, des Rheinischen Archiv- und Museumsamtes mit Restaurierungswerkstätten und der Rheinland-Verlags- und Betriebsgesellschaft.
Gebet
Gott, du Spender alles Guten,
hilf uns auf die Fürsprache des heiligen Nikolaus in aller Not
und steh uns bei,
uns – wie er – für Gerechtigkeit und Frieden in der Welt einzustehen.
Gib uns ein großmütiges Herz,
damit wir mit anderen teilen,
was du uns in deiner Güte geschenkt hast.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.